Sparen? Kann ich. Richtig gut sogar. Aber das ist manchmal gar nicht so gut. Ich weiss, jeder Vorsorgeberater schlägt nun beide Hände über dem Kopf zusammen, aber hier rede ich nicht in erster Linie von Geld.
Ich bin zu gut im Sparen. Da habe ich zum Beispiel dieses wunderschöne Kleid, das sich perfekt für einen feierlichen Anlass eignet. Aber ich will es nicht verfrüht für den falschen Anlass anziehen. Ich spare es für einen wichtigen Moment auf. Und so kann es Jahre unbenutzt in meinem Schrank hängen. Auch das schöne Notizbuch, das mir so gut gefällt, wird erst beschrieben, wenn ich den richtigen Zweck dafür gefunden habe.
Am schlimmsten ist es aber mit der Schokolade. Da ertappte ich mich letztens dabei, dass ich die super spezielle Schokolade, die ich mir damals nach der letzten Prüfung meines Studiums feierlich gekauft hatte, noch immer ungeöffnet im Schrank habe. Vielleicht wollte ich nach dem Einkauf doch erst nach Hause fahren und dann vielleicht warten bis ich die Freude (und Schokolade) mit jemandem teilen konnte. Und um nicht in Versuchung zu geraten, die Schokolade verfrüht, also in einem «unpassenden» oder «falschen» Moment zu öffnen, steckte ich sie Zuhause in meinen Süssigkeitenschrank und sparte sie auf. So vegetierte die Schokoladentafel also vor sich hin und konnte ihren Zweck nicht erfüllen – mir eine Freude zu bereiten.
Nur eine gute Portion Selbstbeherrschung? Was wenn das Schokoladenmuster sich auch in anderen Lebensbereichen zeigt? Was wenn ich Schönheit und Kreativität, die ich in mir drin habe für den perfekten Moment aufspare, der dann vielleicht nie kommt? Talente für mich behalte, anstatt sie einzusetzen, um andere zu beschenken? Ich mich in falscher Demut zurückhalte und anderen die Arbeit überlasse, anstatt mutig zu sein, einfach das einzubringen, was Gott in mich hineingelegt hat?
Zu diesem Thema inspiriert mich das Buch «The Last Arrow». Darin spricht Erwin McManus davon, dass man nur ein Leben hat und eigentlich nichts aufbewahren und zurückhalten muss für ein zweites Leben, das nicht kommen wird. Er bedient sich dabei am Bild eines Pfeilbogenschützen, der nicht alle Pfeile verschiesst, die er in seinem Köcher verfügbar hat. Wieso auch immer. Vielleicht, weil er den Sinn nicht sieht oder er keine Lust mehr hatte.
Erwin McManus setzt dieses Bild mit unserem Leben gleich. Jeder von uns wurde mit unterschiedlichen Ressourcen, Talenten und Ideen geboren. Diese gilt es zu gebrauchen und einzusetzen. Wenn nicht in diesem Leben, in welchem dann? Wenn ich möchte, dass meine Talente zum Vorschein kommen, sodass ich andere Menschen damit beschenken kann, dann gibt es keinen besseren Ort, als hier auf Erden. Ich muss die Schokolade nicht für eine eventuelle Zukunft aufheben, sondern darf sie hier und jetzt geniessen. Denn hier liegt für einmal der Reichtum nicht im Sparen, sondern im Geben.
wir wären so reich an Leben
aber wir sparen es lieber
Anke Maggauer-Kirsche
Was sparst du vielleicht für den perfekten Zeitpunkt, was du auch jetzt schon geniessen oder einbringen könntest?