Auf was es 2030 ankommen wird

Kürzlich habe ich in einer Trendstudie gelesen, dass die Hälfte der Berufe, die die heutigen Primarschulkinder einmal ausüben werden, noch gar nicht existiert.  Ob die Zukunftsforscher, die hinter der Studie stecken, den richtigen Riecher haben, weiss natürlich heute noch niemand. Wir werden sehen. Klar ist, dass heute bereits Maschinen und Roboter Tätigkeiten ausüben, die gestern noch ein Mensch getätigt hat. Künstliche Intelligenz wird immer intelligenter und die Welt um uns erfindet sich neu. Trendforscher versuchen herauszufinden, worauf es im zukünftigen Arbeitsmarkt ankommen wird und wie die Berufe von übermorgen aussehen könnten. Mir werden die Reporte darüber schnell zu ökonomisch und zu schwammig. Nicht meine Welt. Und trotzdem leben wir ja in ein und derselben. Die Zukunftsforschenden, die Ökonomen und ich. So sitze ich vor dem sperrig formulierten Report und mache mir doch meine Gedanken darüber, was denn nun der Wettbewerbsvorteil vom Menschen gegenüber der Maschine ist. Welche Fähigkeiten wir heute ausbilden sollen, weil sie morgen immer wichtiger und übermorgen der einzige Trumpf gegenüber Computer und Co. sein werden. Im knappen Katalog der Eignungen, die für ein erfolgreiches Dasein im zukünftigen Arbeitsmarkt überlebenswichtig werden, sticht mir Novel & Adaptive Thinking ins Auge. Die Fähigkeit also, auf unerwartete Situationen zu reagieren, sprich, Lösungen und Antworten abseits routinemässiger und regelbasierter Umstände zu entwickeln. Kurz: Kreativ denken und handeln. Neue Wege aufspüren und gehen. Genau das steckt als lebendiges Potenzial in jedem Menschen – nicht aber in der Maschine.

Wir waren alle mal kreativ. Als Kind schwimmen Fantasie, Vorstellungskraft und kreativer Ausdruck noch an der Oberfläche. Roh und angstfrei. Alle, die mit Kindern zusammenleben, können das wohl bestätigen. Geschichten und Lieder werden erfunden, es wird im Wohnzimmer getanzt, sich bewegt, Fantasieräume betreten, geschnitzt, unkonventionelle Farbkombis beim Kleideranziehen gefunden, gekritzelt und geklebt, nach dem warum gefragt und sich grundsätzlich eher abseits der Routine und Regeln verhalten. Irgendwann hört der Spass dann plötzlich auf. Und jeder kreative Dreikäsehoch kapiert, dass es die guten Noten fürs Schönschreiben und nicht fürs Rumkritzeln gibt. Fürs sich anpassen und nicht fürs neue Wege suchen. Und dann plötzlich sind wir erwachsen und fragen uns, wann genau uns diese ursprüngliche, rohe Fassung von Kreativität abhanden gekommen ist. Jetzt bräuchten wir sie doch. Wegen Wettbewerbsvorteil, Erfolg auf dem futuristischen Arbeitsmarkt und so.

Ich für meinen Teil komme bei der Frage, wie ich dieses urmenschliche Potenzial wieder zurückgewinnen kann, nicht am Schöpfer vorbei. An dem, der am Anfang der Weltgeschichte eine ziemlich kreative Phase hatte. Und der mich als Wesen meint, das neu denken, immer wieder neu glauben und neu handeln kann. Ich will der faszinierenden Welt um mich und dem, was darin passiert, nachspüren. Göttliche Ideen und Konzepte erforschen und über Wunder staunen. Und hoffen, dass dabei in mir still und leise die Fähigkeit wächst, Wege abseits routinemässiger und regelbasierter Umstände zu entwickeln. Und während der Wachstumsphase tanze ich mit meinen Kindern im Wohnzimmer und erfinde mit ihnen im Auto neue Lieder, die sich nicht reimen und ganz sonderbar tönen.