Von der Kunst, den richtigen Weg zu finden

Woran merke ich, ob ich auf dem richtigen Weg bin? Diese Frage beschäftigt vor allem viele junge Menschen. Gerade in Zeiten des Internets mit plakativer Echtzeit-Information bzw. der diversen weltweit genutzten sozialen Medien entstehen ständig Möglichkeiten zum Vergleichen der unterschiedlichen Lebenswelten. In diesem Vergleichen werden potenziell immer wieder neue Erwartungen oder gar Bedarfe an das eigene Dasein geweckt. Unter Umständen entsteht dabei Anpassungsbedarf. Das kann sehr anstrengend sein!

Auch für mich war es eine große Herausforderung, eigene Entscheidungen zu treffen bzw. die Verantwortung dafür zu übernehmen. Das betraf diverse Lebensbereiche – insbesondere aber meinen Herzschlag, Musik zu machen. Kurz vor dem Abitur durfte ich in der professionellen Musikwelt Luft schnuppern – wähnte mich an die Hand genommen. Aber es fühlte sich nicht so gut, wie erhofft, an. Etwas in mir streikte – widerstrebte. Vieles fühlte sich befremdlich an bis hin zur Entfremdung meiner selbst.

Es brauchte Zeit, bis ich den Mut gefasst habe aufzubrechen – nachzudenken – zu entscheiden und abzubiegen. Nicht mehr so viel insinuieren über Erwartungen, Verpflichtungen, Dürfen, Müssen, Sollen. Sinn und Unsinn, Risiko und Sicherheit, falsch und richtig. Einfach mal ich selbst sein. Gerade jetzt – in dem Moment. Meinem Herzschlag entlang. Und plötzlich war mir klar – hier bin ich richtig (abgebogen)! Und plötzlich wusste ich auch, warum ich hier richtig bin: Der eigene richtige Weg lebt nicht nach anderen oder für andere! Er setzt einen Punkt. Steht für sich selbst. Macht sein Ding. Muss niemandem etwas beweisen. Er ist so ungewohnt ruhig, geduldig und zufrieden. Er vermittelt Hoffnung ohne die Neugier zu unterbinden – ein schönes Lebensgefühl! Damit meine ich nicht, dass er weniger herausfordernd ist! Vielleicht gilt sogar das Gegenteil, weil er die Kurve näher zu einem selbst zeichnet. Aber es fühlt sich richtig an – authentisch, befreiend und warm. Das kann und wird manchmal weh tun. Daher braucht es besondere Achtsamkeit, Sensibilität und (Selbst)Reflexion zur Aufarbeitung. Und deshalb ist ein «richtiger Weg» auch nicht mathematisch als «richtig» oder «falsch» im Sinne einer typisch gesellschaftlichen Definition zu begreifen:

Der Weg ist für mich «richtig», weil ich richtig bin.

Der Mensch ist als Individuum und als Geschöpf erkennbar gewollt! Das zeigt das individuelle Menschsein in seiner ganzheitlichen Entfaltung, seinem Potenzial, sowohl im intimen Kleinen, wie auch im Großen Ganzen, als besonderen Wert.

Den richtigen Weg zu finden ist also (m)eine Kunst. Die Kunst, sich selbst zu erfahren, zu spüren, zu finden und auch anzunehmen. Dieses Gefühlserlebnis, das in seiner nicht zu bewertenden Annahme die sprühende Lebendigkeit an sich darstellt, ist hier das Ziel und der Weg zugleich. Das Ziel, lebendiger Mensch zu sein und zu bleiben. Bei mir selbst anzukommen. Mich selbst bedingungslos anzunehmen!

In einer solchen Authentizität darf Kunst wiederum ihre Schönheit finden. Eine Schönheit, die gar nicht bewertet werden will – soll – oder gar kann. Sie IST einfach. Sie trägt den Wert in sich selbst. Sie ist schön, weil der Mensch schön erdacht und gestaltet wurde. Ein Wechselspiel des Lebens – freigesetzt, damit wir befreien. Mittelbar oder unmittelbar.