Richtig Belichten

Das Thema Belichtung ist zentral für gute Bilder. Mit den Einstellungen an der Kamera bestimme ich als Fotograf, welche Motive hell und dunkel sein werden. Durch bewusstes Belichten von Motiven setzte ich also Fokusse, Akzente und kann bewusst Dinge hervorheben.

Keine Angst, das hier wird kein Artikel nur für angehende Fotografinnen und Fotografen. Denn richtig Belichten ist nicht nur in der Fotografie wichtig, sondern auch ein Schlüssel fürs eigene Leben und das Schaffen in der Kunst.

Früher erkannte man erst beim Entwickeln des Filmes, ob die Motive eines Bildes schön belichtet wurden oder nicht. Heute erkennt jede Smartphonekamera Gesichter und belichtet diese automatisch. In Innenräumen ist die gleichmässige Belichtung kein Problem. Doch wir alle kennen das extreme Beispiel: Ein Porträtbild am Strand mit der Sonne im Hintergrund. Entweder ist das Gesicht schön belichtet und der Hintergrund durch die Sonne nur weiss, oder der Hintergrund ist erkennbar, die Person jedoch nur eine schwarze Silhouette. Nun ja, wer keinen Blitz zur Hand hat oder die Position nicht wechseln will, muss sich für das eine oder andere entscheiden. Inzwischen wird diese Limitation umgangen, indem die Kamera zwei Bilder hintereinander schießt und diese zu einem Bild zusammen fügt, sodass das Gesicht und der Hintergrund schön belichtet sind. Man nennt diese Technik HDR(High Dynamic Range). Ein Bild aus genauer gesagt zwei Bildern.

Zurück zu uns. Unsere eingebaute Kamera, sprich unser Auge, kann beim Sehen das Gesamtbild mit allen Facetten belichten. Unsere Pupille schließt und öffnet sich und so können wir auch bei starkem Sonnenlicht Details von hellen und dunklen Motiven wahrnehmen. Und das ultraschnell, je nach Blickwinkel und Fokussierung.
Wir haben also eine super-HDR-Funktion eingebaut. Unser Auge kennt kein Entweder-oder in der Belichtung. Es gibt beides. Es hat Beides Platz in unserem Sichtfeld und in den zirka 600 Millionen Bildern, die wir mit unseren Augen in einem Leben machen werden.

Und das ist gut so. Das Leben hat so viele Facetten, die wir sehen und wahrnehmen können. Ein einzelner Mensch und den Rest der Welt rundherum. Ein Thema im Vordergrund und die Hintergründe. Eine Schlagzeile und die Geschichte dahinter. Das Relevante und das Drumherum. Und doch belichten wir im übertragenen Sinn unsere Sicht auf die Welt und unser Umfeld oft wie eine Kamera, einseitig und vorgegeben durch andere Meinungen, Medien und die täglichen Algorithmen.

Als Künstler sehe ich unseren Auftrag darin, mit der Kunst neue Belichtungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Sich immer wieder die Frage zu stellen, was von der Gesellschaft unterbelichtet wird, wenig Beachtung findet oder einfach im Verborgenen ist. Oder auf die Bereiche hinzuweisen, die überbelichtet werden, und zu fest im Rampenlicht stehen.
Die amerikanische Fotografin Dorothea Lange sagte einmal:

«Die Kamera ist ein Instrument, das die Menschen lehrt, ohne Kamera zu sehen.»

Deshalb gilt für uns: Nutze die Kraft deiner eingebauten Super-HDR-Linsen, um die Facetten des Lebens zu belichten. Die Details in den strahlend hellen und in den verborgenen dunklen Bereichen zu sehen und vor allem, den Reichtum dazwischen zu erfassen.

Falls dir das wie mir oft schwerfällt, kauf dir eine Kamera
oder umgib dich einfach mit Kunst.

 

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