Be­ra­tungs­re­sis­tent

Darf ich dir einen Rat geben? Beginne Blogbeiträge nicht direkt mit einer Frage, denk dir clevere Titel aus, versuche langweilige Passagen zu vermeiden und zu guter Letzt: Überrasche die Leser.

«Fuck you, Daniel!»

Bitte was? Hui, da liess ich mich wohl zu sehr von Jack Conte und seinem Talk «Patreon CEO Gives BAD ADVICE» leiten. Zu Beginn seiner Rede bat er das Publikum, ihn für jeden Ratschlag, den er geben wird, mit «Fuck you, Jack» zu beschimpfen. Er hasse «Advice-Talks» und Ratschläge ganz allgemein. Natürlich waren die nachfolgenden rund 30 Minuten ironischerweise voller Tipps, Erkenntnisse und Learnings. Und natürlich fiel das F-Wort aus dem Publikum dabei in regelmäßigen Abständen.

Jack Conte ist Musiker, Gründer und CEO von «Patreon», einer Onlineplattform, bei der Fans ihre Lieblingsartists direkt finanziell unterstützen können. Er spielt zudem auch in zahlreichen Musikformationen wie «Pomplamoose» oder «Scary Pockets» und prägte diese grundlegend mit. Ein Kreativkopf durch und durch. Einer, der sowohl die grossen Erfolge kennt, wie auch die grandiosen Momente des Scheiterns. Seine Ratschläge mit der nötigen Portion Selbstironie wirken auf mich authentisch, meist aber auch hart erkämpft bzw. erfahren.

Ich mag diese Geschichten, bei denen man hinter die Fassade blicken kann. Was steckte hinter dem Projekt? Was war die eigentliche Idee im Kern? Woran wäre es fast gescheitert und was für Learnings halfen zum Durchbruch?

Mich interessieren Erlebnisse, die nicht in einen 3-Punkte-Plan passen oder in einen 500-Seiten-Ratgeber.

Erfahrungsschätze anderer, woraus ich mir die Tipps und Tricks dann selber nehmen kann anstatt mir von oben herab die fixfertige Lösung präsentieren zu lassen. Biografisches Erleben, das subjektiv ist und nicht mit Ratschlägen um sich schmeisst.

Im Minimum entsteht so das Gefühl, dass ich nicht alleine bin, mit konkreten Erfahrungen. Und im besten Fall ziehe ich dann für mich eine Erkenntnis heraus, ohne immer zwingend selbst auf die heiße Herdplatte fassen zu müssen.

Die bittere oder vielleicht auch logische Konsequenz: Das Leben lehrt dich am meisten. Und ja, ich höre die kritischen Stimmen und das Verlangen nach der Weisheit letzter Schluss. Hast du nicht trotzdem noch ein paar Ratschläge, Daniel? 

Na gut. Weil du es bist. Hier meine unvollständige Liste an subjektiven Lebensweisheiten exklusiv für dich. Nimm sie zu Herzen oder sei beratungsresistent und beschimpf mich danach.

  • Vermeide Kalendersprüche wie «Das Leben lehrt dich»
  • Ein Bandscheibenvorfall hat nichts mit einem Ereignis zu tun
  • Gemeinsam nach Lösungen ringen macht das finden einer solchen umso schöner
  • Hörspiele produzieren ist viel Arbeit
  • Dessertbuffets werden überbewertet 
  • Das Vergessen ist eine der besten menschlichen Eigenschaften
  • Abfallsäcke an der Migros-Kasse nicht vergessen
  • «Das haben wir schon immer so gemacht» ist ein schwaches Argument
  • Ins Papasein wächst man hinein
  • Rucola ist doch nicht so schlimm wie angenommen
  • Gott ist da
  • Das Leben ist komplex
  • Die Antwort ist meistens B
  • Rückbildung ist nicht das Gegenteil von Weiterbildung
  • Unsere Gesellschaft braucht Kunst
  • Unsere Gesellschaft braucht mehr Frauen in Führungspositionen
  • Comic Sans ist auch okay
  • Wenn es von einem schönen Ereignis kein Foto gibt, ist es trotzdem passiert
  • Ich darf um Rat fragen

 

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