An einer abendlichen Weiterbildung kürzlich. Es ging ums Thema «Zusammenarbeiten». Irre gutes Dozententeam, hippe Lernatmosphäre, alles nice Leute im Raum – Kreativproduzentinnen, Designer, Entwicklerinnen, Start-up-Unternehmen und so weiter und so fort. Ich liebe solche Umgebungen!
Bis auf einen Programmpunkt, der heutzutage fast unausweichlich dazugehört: Das Networking. Schließlich gestalten wir ja alle miteinander die Zukunft. Wir sollten uns daher schon kennen. Am besten alle alle. Meist gibt’s dann so superausgeklügelte Austauschformate, damit garantiert jede und jeder mit jedem im Raum gesprochen hat. Och, nö, Leute!
Ich hab nicht grundsätzlich etwas gegen Networking. Weshalb auch? Es ist ein integraler Bestandteil meines Berufs. Nur hat die Sache bei solch trendigen Events für mich meist einen großen Haken:
Als Kunstvermittler in der Schnittstelle von Popkultur und Kirche, angestellt bei einer christlichen NPO, bin ich zu 99.99% der Wierdo im Raum.
Und auch das ist mir grundsätzlich egal. Mir geht’s ja nicht mal drum, als der coole Dude rüberzukommen. Dafür mache ich das Ding mit Gott und der Kirche schon viel zu lange. Ich habe genug Überzeugung für meinen Glauben, die Sinnhaftigkeit meiner Arbeitsstelle und kann erst noch repräsentative Projekte vorweisen, auf die ich stolz sein kann. Ich weiss also, wer ich bin und was ich kann, und komme mit relativ wenig Bestätigung von außen klar.
Worauf ich aber nach so vielen Jahren meiner Tätigkeit nicht mehr wirklich Bock hab, ist mich in Settings aufzuhalten, wo sich Menschen nicht mal im Ansatz vorstellen können, dass aus der Schnittmenge von Kunst und Kirche auch heute noch relevante Ansätze für die Gesellschaft entspringen. Die beste Reaktion einer Zuhörerin auf meine Jobdescription bei einer anderen Gelegenheit war folgende:
«Okay, ich hab’s gecheckt. Du bist so eine Art Kunstpastor, das find ich ja ganz nett. Aber weshalb denn eigentlich? Wer braucht das?»
An die nette Dame: Herzlichen Dank, ich nehme dein Feedback gerne entgegen. Und ja, das ist natürlich eine berechtigte Frage. Diese wird mir in meinem Arbeitsalltag in der Zusammenarbeit mit mittlerweile hunderten von Kunstschaffenden auch schön beantwortet. Aber in der Regel eben nicht beim Networking mit den Hipstern von morgen.
Für einmal wurde ich übrigens eines besseren belehrt. An besagtem Abend wurde ich weder komisch angeschaut, noch konnte jemand den Sinn meiner Arbeit komplett nicht verstehen. Im Gegenteil: Einer der Dozierenden meinte sogar, dass wir in der Kirche ja seit Jahrtausenden die schönsten und besten Geschichten zu erzählen hätten. Einziger kleiner Kritikpunkt von ihm: Dass wir es im Umgang mit Minderheiten noch besser hinbekommen könnten. (Dies übrigens einfach mal noch so als interessante Aussensicht eines Unbeteiligten.)
Schon lange nicht mehr habe ich so gute und entspannte Konversationen auf Augenhöhe erlebt.
Wissenschaft, Wirtschaft, Soziales, Kirche und Kunst. Alle in einem Raum und die Gestaltung der Zukunft im Blick. Leute, es geht also doch!
Überraschenderweise hatte nur einer an diesem Abend die Arschkarte gezogen: der junge Typpie von einer städtischen Anlaufstelle, auf dessen Visitenkarte «Klimabildung» stand. Sein Versuch, uns allen zu erklären, woraus denn nun genau sein Arbeitstag besteht, endete in Rechtfertigungsversuchen und Gestotter seinerseits sowie fragenden Blicken und Mitleid unsererseits.
Keine Frage, die Sache mit dem Klima ist echt ein Problem, das wir lösen müssen. Aber ihm fehlte es an allem. Klar formulierte Zielgruppe? Anbindung an ein Team? Zugewiesenen Kompetenzen? Budget? Konkrete Projekte, an denen man die Wirksamkeit seiner Arbeit hätte ablesen können? Fehlanzeige.
Christlich-anständig, wie ich bin, hab ich mein Feedback natürlich für mich behalten. Es hätte etwa so geklungen: «Das ist ja ganz nett, Dude. Aber wer braucht das?»