Tatort unternehmerisches Künstlerdasein

Viele Kunstschaffende pendeln zwischen Unternehmertum und Künstlerdasein. Sie fragen sich: Geht beides oder muss eins davon sterben? Oft erleben sie es als eine Zerreißprobe, ihre Kunst und Karriere, Privatleben und soziales Umfeld, sowie Projekt-Organisation, Mental-Health u.v.m. unter einen Hut zu bekommen. Das Stichwort «Fokus» wird oft bejubelt, doch was wäre, wenn in einer komplexen Welt wie dieser auch die Freude am Jonglieren wieder neu gelernt werden würde?

Es geht mir um die «Kunst des spielerischen Flows» und dem durchaus zielgerichteten Fangen, Loslassen, Weitergeben und wieder Auffangen von Möglichkeiten. Das hat nicht selten damit zu tun, rechtzeitig um Hilfe zu bitten, die ein oder andere Sache zu delegieren, oder sie schlichtweg fertigzustellen – auch wenn der innere Perfektionist gerne noch ein paar Schleifen drehen würde.

Denn halt dich fest: Im «fliegenden Kreislauf» des Jonglierens ohne Ende und Anfang sind alle deine Bemühungen völlig ausreichend und ein herrliches Zusammenspiel. Schön, oder? Irgendwie braucht das eine das andere, das Unternehmertum das Kunstschaffen, die Karriere das Privatleben usw.

Solange jeder Jonglierball gezielt ins Spiel gebracht wird, kann dieses Hin- & Herspiel mit Humor und Gelassenheit als echtes Jonglage-Kunststück gelten.

Beziehungsfähigkeit will genauso Teil davon sein wie das Üben der neuesten Riffs am Instrument. Die Kommunikation und Performance nach außen, ganz gleich aus welcher kreativschaffenden Ecke man kommt, bedarf der Reflektion, um geschliffen zu werden, ebenso wie das eigene mentale «Puls-Fühlen» nach Innen. 

Was bedeutet das praktisch? Fragen wie «Was ist heute wirklich wichtig?! Was ist wirklich für mich dran?» können da helfen. Dazu kommt dann noch die geistlich-spirituelle Komponente: «Sind mein Wirken und Kreieren nur zum Selbstzweck und Lebensunterhalt verdienen gedacht oder richte ich mich aus zu einem höheren «Calling»?»

So wartet in jeder Lebensphase vielleicht eine neue Seite in uns darauf, mit ins Spiel gebracht und «hervorgeliebt» zu werden. Die verpuppte Raupe will am Ende nicht nur einen Flügel entfalten können, um als Schmetterling zu fliegen! Sie braucht beide. Nicht immer muss das eine für das andere aufgegeben werden. Künstlerische Entfaltung hat in diesen Zeiten auch mit unternehmerischer Entfaltung zu tun: Herz darf lernen mit Verstand und Verstand darf lernen mit Herz zu arbeiten. Mit dem Verstand lege ich Anfang eines Jahres innere Schwerpunkte und definiere unternehmerische, sowie persönliche Ziele. Ich fühle regelmäßig, bisweilen täglich mit dem Herz hinein, welcher Anforderung ich gerade mehr Raum geben darf und welcher nicht.

Im Unternehmertum gibt es das Prinzip der «Doppelte Wesentlichkeit«: «Impact Materiality» meint die Wesentlichkeit der Auswirkungen deines Unternehmens nach außen auf Mensch und Umwelt. «Financial Materiality» beschreibt die «Finanzielle Wesentlichkeit» z.B. Wachstum, Leistung und Kosten deines Unternehmens auf kurze, mittlere und lange Sicht.
Ich würde es gern auf eine «Dreifache Wesentlichkeit» erweitern (bekanntlich macht das Jonglieren erst mit drei Bällen so richtig Spaß) und die spirituelle Komponente mit ins Spiel bringen, die «Spirituelle Wesentlichkeit». Bei dem Prinzip der «Doppelten Wesentlichkeit» geht es vor allem um Nachhaltigkeitsberichterstattung, Risiken und Chancen des eigenen unternehmerischen Wirkens, es handelt sich um messbare Parameter. Die spirituelle Komponente hingegen steht der Materialität gegenüber und ist nicht in dem Sinne messbar.

Denn ja, mein Träumen und Künstlerdasein braucht handfeste Taten, Excel und Coachings, um real zu werden und über sich hinauswachsen zu können. Und mein Unternehmersinn braucht wiederum kreative Muße, das Visionieren, gestaltendes Entwerfen und Verwerfen. Da sich beide Komponenten in ihren Gegensätzen «Warum muss sie immer nachts mit ihrer Muße ankommen?» und «Was braucht es denn jetzt schon wieder ‘nen Controlling und ‘ne Excelliste?» leider nicht selten an die Gurgel gehen, bin ich dankbar für die dritte Komponente, die beiden Seiten regelmäßig den Blick nach oben lehrt. Und so stelle ich meine Hände, mein Herz und meinen Kopf Gott zur Verfügung und vertraue auf sein Führen. 

Meine Geschicklichkeit und mein Jonglage-Training zeigen, wie viele Felder ich in welcher Season und in welchem Tempo gleichzeitig koordinieren und bestellen kann. Ich genieße es zu sehen, wie nach langer Übung alles tatsächlich in einen Flow kommen kann. Ein bisschen wie bei einem Wasserrad, bei dem sich eine Schaufel nach der anderen mit Wasser füllt und im Kreislauf der Bewegung eine unglaubliche Kraft entsteht. Eine Kraft, die neue Energie freisetzt und damit wieder neue Prozesse anstoßen kann.

Wie für den Flow bin ich am Ende auch dankbar für die Energie, die jede Entscheidung freisetzt.

Denn in jeder kleinen Entscheidung steckt auch eine «Scheidung» von dem, was man wieder (manchmal auch nur für einen Moment) loslassen sollte. Damit man an anderer Stelle wieder Freiraum schafft.

Ich persönlich möchte, dass in jedem meiner unternehmerischen und künstlerischen Akte ein vertrauensvolles Auffangen und Weitergeben zu finden ist. Ein Ruhen darin, dass der Fluss den ich auffange, genug bietet für mich und um großzügig auszuschenken. Ich wünsche mir ein lebenslanges Vertrauen darin, dass alles seine Zeit hat: «Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.» (Prediger 3)

So, ich gehe dann mal weiter jonglieren üben … Und ihr wisst ja: «Ein Leben mit (Ent-)Spannung ist am Ende auch (ent-)spannend.»

P.S.: Wer sich weiterbilden möchte mit kreativem Unternehmertum, dem empfehle ich die verschiedenen Formate von «Kreativem Unternehmertum», sowie die Arbeit von «Age of Artists».

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