Die gegenwärtige Grosswetterlage ist mir ein bisschen unheimlich. Es wird Zeit, den Künsten meine Liebe zu gestehen.
Ich mag deinen kritischen Blick
Ich schau mir das Zeitgeschehen gerne durch deine Brille an. Mag, wie du Strukturen hinterfragst und untergräbst. Bitte nicht müde werden! Auf gar keinen Fall «Pause» drücken jetzt. Du bist wichtiger denn je!
Ich mag, dass du mich nährst
Auf der Maslowschen Bedürfnispyramide findet man dich nur in der dünnen Spitze und nicht an der breiten Basis. Aber wir wissen alle: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wenn die Welt schon Kopf steht, dreh ich die Pyramide von Zeit zu Zeit um. Du hältst mich am Leben, hilfst beim Überleben.
Ich mag deine Progressivität
Ich liebe es, wenn du über das Bestehende hinausschaust. Begebe mich mit dir gerne auf das Terrain der Imagination. Nicht, um Utopien zu suchen, sondern um hinter die Dystopie zu schielen. Ich liebe den Phönix in dir, der weiss, dass es danach immer irgendwie weitergeht.
Ich mag, wie du mich bewegst
Gänsehaut, Tränen, Lachen, aufgerissene Augen, offener Mund, kreisende Hüften, stampfende Füße, aus dem Kopf aussteigen. Ich mag, was du mit mir machst. Was du in mir machst.
Ich mag dein vages Wesen
Deine Anziehung liegt darin, dass du keine klaren Antworten gibst, dich nicht bekennst, dich nicht auf die eine oder andere Seite schlägst, nicht zur Propaganda wirst. Du wagst die Gratwanderung, brichst Zwischenräume auf.
Ich mag deine Belastbarkeit
Unsere Zeit fordert eine ganze Menge Widerstandskraft. Die Fähigkeit, mit allem so umzugehen, dass wir am Ende unbeschadet da rauskommen. Du hilfst mir wegzustecken, klarzukommen, in eine Ursprungsform zurückzufinden oder sogar darüber hinauszuwachsen.
Ich mag es, bei dir ins Gym zu gehen
Viel zu oft sehe ich Dinge, aber schaue nicht wirklich hin. Stumpfe Sinne, flaches Interesse. Du bist mein Aufmerksamkeitstrainingsgerät. Hilfst mir, die Einzelheiten in den Blick zu nehmen, differenzierter und einfühlsamer zu werden und mich am Ende weniger zu empören.
Ich mag dein Anderssein
Viele meinen, die echten Probleme unserer Zeit ließen sich nur durch Vernunft, Effizienz und technische Entwicklung lösen. Du entlarvst diese Erzählung als Mythos. Und beweist: Es gibt auch spielerische, poetische Wege.
Ich mag, wie du mich tröstest
Du bist mir Sprachlosensprache. Und auch Spiegel. Meine Traurigkeit findet sich wieder. Meine Verzweiflung erkennt sich in dir. Du sorgst dafür, dass ich nicht versinke, schaffst es, mich abzulenken. Ohne pushy zu sein, nimmst du mich an der Hand und flüsterst: Du bist nicht allein.
Ich mag, dass du offen bist
Du sagst nicht nur, dass du es seist, weil das Label nice tönt. Du bist es wirklich. Bei dir muss nicht alles erst geregelt, geplant, nach Schema F durchgeführt und danach kontrolliert werden. Vielmehr arbeitest du mit Zufällen, überraschenden Wendungen, ungewissen Ausgängen und bleibenden Fragen.
Ich mag, dass du mir Kraftort bist
Oft räumst du mich wieder auf, rückst Wirres in mir in eine göttliche Ordnung. Du eröffnest in mir einen Raum, in dem ich mich besinnen, staunen und klein werden kann. Nur so wächst das Große in mir. So führst du mich an den Ort, an dem ich wieder glauben kann.